Adieu
nach 35 Jahren
Bernhard Scheidt geht
als Dirigent des Blasorchesters und Martin Folz kommt
Wemmetsweiler
(sg). 35 Jahre Dirigent
eines Blasorchesters zu sein, das im Saarland wohlbekannt und geschätzt und
auch jenseits der Landesgrenzen Freunde hat, das ist schon etwas. Und auf einmal
ist "alles Geschichte", kommentiert Bernhard Scheidt, 69, die mehr als
drei Jahrzehnte als Chef des Orchesters des Musikvereins Wemmetsweiler-Michelsberg.
Jetzt sei es genug, meint er, und deshalb müsse nun ein Jüngerer her, entschied
er, und der Verein sah sich nach einem Nachfolger um. Suchte und fand einen,
der im Saarland längst kein Unbekannter mehr ist: Martin Folz, 37, studierter
Kirchenmusiker, Bundes-chormeister im Saar-Sänger-Bund, Leiter des Saarknappenchores
und des Friedrich-Spee-Chores in Trier, Komponist von Musicals und Chormusik,
Dozent für Chor und Orchester an der Trierer Uni, zudem hochaktiv bei diversen
Sommerakademien. Kurz, im Musikverein vollzog sich nicht nur ein Generationen-wechsel
am Dirigentenpult in schönster Harmonie, sondern man holte sich auch einen Musiker,
der die von Bernhard Scheidt begründete Tradition der symphonischen Blasmusik
nach Wemmetsweiler Art wohl aufs Beste weiterführen wird. Wie jede Geschichte
einen Anfang hat, fängt die von Bernhard Scheidt mit dem Geigenunterricht an.
Fünf Jahre war er alt, als er das Instrument kennenlernte, mit dem er später
nach dem Unterricht an der Landesmusikschule Anfang der vierziger Jahre und
einem Musikstudium am Staatlichen Konservatorium Saarbrücken seinen Lebensunterhalt
verdiente. Von 1951 bis 1989 war er Mitglied des Unterhaltungsorchesters und
später des Rundfunk-Symphonie Orchesters des Saarländischen Rundfunks. Und Bernhard
Scheidt war auch ein Streicher, der unter die Bläser fiel. Als man 1963 einen
Dirigenten für das Blasorchester des Musikvereins des Ortes brauchte, sprach
man ihn an. Schließlich kam er aus dem Ort, und das musikalische Wissen brachte
er als Profimusiker obendrein mit. Der Rest war Erfahrung und der Spaß am Musikmachen.
Gleichgesinnte fanden sich zusammen, die ein Ziel hatten: Symphonische Blasmusik
zu machen. Das war in den frühen sechziger Jahren nicht gerade üblich. Im Gegenteil,
Bernhard Scheidt war einer der ersten im Saarland, der diese Musik ins Repertoire
aufnahm. Eine kompliziertere Rhythmik als bisher gewohnt, breite, ausladende
Harmonien, das war für das Publikum anfangs gewöhnungsbedürftig, erinnert sich
Bernhard Scheidt. Doch die Musik setzte sich durch, und das nicht nur im Saarland.
An viele schöne Orchesterreisen erinnert er sich zurück, und eine ist ganz besonders
im Gedächtnis haften geblieben: Als der frühere Bundespräsident Walter Scheel
1979 dem Orchester für seine herausragenden Leistungen in Lübeck die Pro-Musica-Plakette
verlieh. Mit "Das war's", hatte Walter Scheel diese Amtshandlung als seine letzte
als Bundespräsident kommentiert. "Das war's", kann auch Bernhard Scheidt nun
sagen, doch gewesen ist viel. Nicht nur das Blasorchester des Musikvereins,
mit dem er an zahlreichen Wertungsspielen teilnahm. Ebenso brachte er den Big
Sound Express als eine der ersten Bigbands an der Saar auf Kurs und gründete
ein Bläserensemble sowie drei Jugendorchester. Jetzt geht der Dirigentenstab
an einen Jüngeren über. Nur, was macht einen guten Dirigenten aus? Geduld müsse
er haben, Proben immer interessant zu gestalten wissen, sagt Bernhard Scheidt.
Den anderen etwas geben und etwas zurückzubekommen: Sich herausgefordert fühlen
von dieser Art von Musik, sie kennenlernen, darin liegt Reiz, sagt Martin Folz.
Es wird weitergehen, aber was macht der scheidende Dirigent nach der Abschiedsgala
am 17. Mai in der Wemmetsweiler Sporthalle, bei der er und sein Nachfolger dirigieren
werden? "Ich hab' die Geige nicht weggelegt", so Scheidt. Auf ihn warten ein
Salonorchester und andere Hobbys: "Langeweile ist nicht drin", so Scheidt.
Quelle:
Saarbrücker Zeitung, Dienstag, 12. Mai 1998; Autor: sg